Maximilian Drobac: Zwar ließ sich zu Jahresbeginn die Intensität der diesjährigen Rekordjagd an den Aktienmärkten noch nicht voll abschätzen, ein positiver Rückenwind für die Aktienmärkte hatte sich durch die Entwicklungen in Bezug auf die weltweite Konjunktur und Geldpolitik jedoch bereits abgezeichnet. Mit dem Ende des Leitzinserhöhungszyklus der großen Notenbanken 2023 wurde die Weltwirtschaft Anfang 2024 durch ein erhöhtes Zinsniveau belastet. Dennoch zeigte sich die weltweite Konjunktur, besonders in den USA, robust. Wir gingen daher von einer sanften Landung der Weltwirtschaft aus, also einem globalen Abschwung, der nicht in einer Rezession enden wird. Aufgrund der konjunkturellen Schwäche in Kombination mit den bereits deutlich gesunkenen Inflationsraten erwarteten wir eine Lockerung er Geldpolitik durch die großen Notenbanken im Jahresverlauf. Die Aussicht auf eine sanfte konjunkturelle Landung sowie geldpolitische Lockerungen stellte entsprechend nach unserer Einschätzung ein insgesamt positives Kapitalmarktumfeld dar.
Das Geld muss aktiv verwaltet werden
Maximilian Drobac, Bereichsdirektor Private Banking der Volksbank Stuttgart, über das positive Marktumfeld, Gold und einen makroökonomischen Investmentansatz
Das Börsenjahr 2024 startete mit einem sehr positiven Trend an den Aktienmärkten. Auch der Dax kletterte auf neue Rekordstände. Hat Sie das überrascht? Wie haben Ihre Kunden darauf reagiert?
Sinkende Zinsen spielen vor allem auch Gold in die Hände, dessen Preis historische Rekordhöhen erreicht hat. Ist das Edelmetall fester Bestandteil Ihrer Strategien und setzen Sie auch auf andere Edelmetalle oder Rohstoffe?
Maximilian Drobac: Zur Stabilisierung und Diversifizierung der Portfolios setzen wir auf Gold als Beimischung. Dieses Jahr hat eine extreme Goldnachfrage, auch getrieben durch umfangreiche Käufe der Notenbanken, sowie die Zinswende der Notenbanken zu einem drastischen Preisanstieg des gelbenEdelmetalls geführt. Zwar sind Zugewinne in einer vergleichbaren Dimension in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten, dennoch sollte der Goldpreis auch in Zukunft durch eine anhaltende Zentralbanknachfrage, sinkende Zinsen und weiterhin bestehende geopolitische Risikoherde gestützt bleiben. Neben Gold setzen wir in Abhängigkeit unserer Konjunktureinschätzung im Rohstoffbereich auch auf Industrie- und Energierohstoffe.
Trotz positiver Aussichten an den Kapitalmärkten gibt es auch viele Unsicherheitsfaktoren. Auf welche achten Sie besonders und wie richten Sie Ihre Depots darauf aus?
Maximilian Drobac: Wir haben einen umfassenden makroökonomisch basierten Investmentansatz, bei dem wir verschiedenste Wirtschaftsindikatoren untersuchen und kontinuierlich politische Entwicklungen und deren potenziellen Einfluss auf die Märkte auswerten. Aktuell stellt beispielsweise die erneute Eskalation der Gewalt in Nahost ein Risiko für die Entwicklung der Ölpreise und damit der Inflation dar. Daneben sorgen politische Unwägbarkeiten wie die Weichenstellungen nach der US-Wahl für erhöhte Unsicherheit. Zudem schwelen Risikoherde wie der Ukrainekrieg, der Taiwan-Konflikt oder der Kampf um die technologische Vorherrschaft zwischen den westlichen Industrieländern und China weiter. Wir behalten diese Risiken genau im Blick und bewerten regelmäßig ihr Drohpotenzial für unsere Allokation. Sollten sich hier neue Entwicklungen ergeben, ermitteln wir Auswirkungen auf die Assetklassen und justieren die Portfolios.
Nicht zuletzt hat auch der Bitcoin 2024 stark zugelegt. Sind Kryptowährungen eine Option in Ihrer Anlagestrategie?
Maximilian Drobac: Kryptowährungen wie der Bitcoin sind nicht in unseren klassischen Mandaten vertreten – nur auf speziellen Kundenwunsch. Grund hierfür ist die sehr hohe Volatilität der Anlageklasse.

Wie ist der Ausblick Ihres Hauses für die nächsten Jahre: Wurde mit der Zinswende die nächste große Aktienhausse eingeleitet?
Maximilian Drobac: Kurz- bis mittelfristig ist der Aufwärtstrend durch die Zinswende und eine weiterhin robuste US-Konjunktur intakt. Auch langfristig dürfte die Zinswende die Märkte weiter stützen. Für große Ausschläge an den Finanzmärkten nach oben braucht es jedoch disruptive Innovationen. Der KI-Trend hat dieses Potenzial. Wir rechnen für die nächsten Jahre mit einer Kombination aus positiven Faktoren wie der Automatisierung und Digitalisierung sowie negativen Faktoren wie geopolitischen Risikoherden, der Deglobalisierung und der Alterung der Bevölkerung. Diese Entwicklungen müssen regelmäßig gegeneinander abgewogen werden. Dafür reicht es nicht, einen passiven Index zu kaufen. Das Geld muss aktiv verwaltet werden.